Dr. Edgar Bönisch: Stand der Forschung zur B’nai B’rith August Lamey-Loge in Mannheim (1896-1937) und dem angegliederten Schwesternbund ,Caritas‘
Ein „Segen zu werden für die Menschheit“ (Frankfurt-Loge, 1901) – diesem Ziel verschrieb sich mit seinen zahlreichen Projekten und Initiativen der Sozialen Arbeit, Krankenpflege und Jüdischen Bildung der ,Unabhängige Orden Bne Briss‘. Seine Brüder und Schwestern haben die ,Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland‘ und das ,Freie Jüdische Lehrhaus‘ mit aufgebaut. Als aktive und angesehene Bürger/innen ihrer Stadt öffneten sie ihre Logenheime als Gesellschaftshäuser allen Konfessionen.
Der Orden vereinte verschiedene jüdische Strömungen und stärkte die Selbstbehauptung gegen den Antisemitismus. Von 1924 bis zur NS-Vernichtung des Deutschen Distrikts im April 1937 amtierte Rabbiner Dr. Leo Baeck als der letzte Großpräsident – sein Vermächtnis aus dem ,Schicksalsjahr‘ 1933: „Wir vermögen immer wieder anzufangen“. Nach der Shoah stehen die B’nai B’rith Frankfurt Schönstädt Loge und ihre Schwesterlogen in der Tradition des bedeutenden Ordens, der inklusive seiner Schwesternvereinigungen einst geschätzt 30.000 Zugehörigen eine soziale und geistig-kulturelle Heimat bot.
Trotz bekannter Namen wie etwa Franz Rosenzweig oder Hugo Sinzheimer und vielfältiger Verdienste ist die Geschichte der insgesamt 103 Logen des Deutschen Distrikts wenig erforscht. Als ersten Schritt startete die B’nai B’rith Frankfurt Schönstädt Loge mit Unterstützung durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat ein vergleichendes Forschungsprojekt für Frankfurt am Main, Mannheim und Nürnberg. In Folienvorträgen präsentierten die beauftragten Historiker/innen Dr. Seemann und Dr. Bönisch am 20. November 2022 dem interessierten Publikum erste Ergebnisse. Den Vortrag von Frau Dr. Birgit Seemann finden Sie hier.
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Dr. Edgar Bönisch stellte den Stand seiner Forschung zur B’nai B’rith August Lamey-Loge in Mannheim (1896-1937) und dem angegliederten Schwesternbund ,Caritas‘ vor. Eine erhaltene Schellackplatte vermittelte zu Anfang ein Gefühl für die damalige Zeit. Der 1917 in die Lamey-Loge aufgenommene Tenor Max Lipman (1881-1972) sang eine Arie aus der Oper Cavalleria Rusticana von Pietro Mascagni. Es folgte die Vorstellung des Namensgebers der Loge August Lamey, er trug als badischer Innenminister wesentlich zur staatsbürgerlichen Gleichberechtigung der Juden in Baden im Jahr 1862 bei. Auch auf Initiative der Frankfurt- Loge wurde 1896 die Mannheimer Loge gegründet und konnte ein Gebäude im Zentrum der Stadt am damaligen Zeughausplatz erwerben.
Im Vortrag waren Abbildungen des Hauses zu sehen, ergänzt durch eine ausführliche Beschreibung durch den Ex-Präsidenten Gustav Bachert (?-1972). Stellvertretend für die vielen Persönlichkeiten der Loge präsentierte Dr. Bönisch zwei Kurzbiografien. Die Biografie des Arztes, Pädagogen und Ex-Präsidenten Julius Moses (1869-1945), der als früher Zionist, Mitbegründer des überregional bedeutenden Mannheimer Schulsystems und aktives Mitglied der Jüdischen Gemeinde beeindruckt. Für die äußerst engagierten Frauen der Loge steht Alice Bensheimers Biografie, die Mitbegründerin des Schwesternbundes ,Caritas‘ war, als Armenpflegerin und Mitglied der städtischen Armen- und Jugendamtskommission in Mannheim wirkte und als Frauenrechtlerin im Vorstand des Bundes Deutscher Frauenvereine Einfluss nehmen konnte.
Zum Abschluss des Vortrags beschrieb Liselotte Sperber in einem Interview von 2011, sie war zu dem Zeitpunkt 99 Jahre alt, einen Eindruck des kulturellen und gemeinschaftlichen Lebens in der Loge.